Ende Mai 2020 erreichte AKAM ein neues Schreiben aus dem Haus von Integrationsminister Stamp. Zuvor hatte Stamp sich gegenüber den Forderungen von AKAM nach ei-ner schnellen Aufnahme von jugendlichen Geflüchteten aus den griechischen Inseln völ-lig unzugänglich gezeigt. Eine Aufnahme von Flüchtlingen sei nur auf der europäischen Ebene zu erreichen, hieß es. Doch die vielen Eingaben von vielen Flüchtlingsorganisatio-nen, von Kirchen und Einzelpersonen scheinen nicht ganz ihre Wirkung verfehlt zu haben. Zwar ist immer noch von einer „europäischen Lösung“ die Rede, eine Redeweise, die das eigene Gefordertsein beiseiteschiebt. Aber gleichzeitig wird zugegeben, dass die Lage auf den griechischen Inseln „besorgniserregend“ sei und Familien mit kranken Kindern und unbegleitete Minderjährige „in einem schnellen und geordneten Verfahren“ weiterverteilt werden müssten. Nimmt man Minister Stamp hier beim Wort, muss er sofort handeln und kann die Aufnahmebereitschaft vieler Kommunen hierzulande durch den Verweis auf die EU nicht länger übergehen. Das Elend in den griechischen Lagern duldet keine weitere Verlängerung, im Grunde nicht einen einzigen Tag.
513-26.04.03-000003-2020-1986
Sehr geehrte Damen und Herren des Asyl-Arbeitskreises Kempen,
für Ihre Nachrichten an Herrn Minister Dr. Stamp danke ich Ihnen. Er hat mich gebeten, Ihnen zu ant-worten.
In den letzten Wochen und Monaten haben sich eine Reihe von Kommunen in Nordrhein-Westfalen zu einer freiwilligen Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus den griechischen Auf-nahmeeinrichtungen in der Ägäis bereit erklärt. Auch wandten sich zahlreiche Privatpersonen mit der Forderung an die Staatskanzlei wie auch das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integrati-on, das Land solle schutzsuchende Menschen aus Griechenland in Deutschland aufnehmen. Dies ist Ausdruck eines besonderen Engagements und der Solidarität mit Menschen in Notlagen und verdient Anerkennung.
Die Situation auf den griechischen Inseln ist nach wie vor besorgniserregend, insbesondere Ereignisse wie der Brand in der Unterbringungseinrichtung in Moria. Daher ist es richtig und notwendig, die humanitäre Notlage in den griechischen Aufnahmeeinrichtungen zu beenden. Neben der Organisation einer dringend benötigten Verbesserung der Unterbringungssituation vor Ort müssen kranke Kinder und ihre Familien sowie unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in einem schnellen und geordneten Verfahren, unter Berücksichtigung der aktuellen Herausforderung angesichts der SARS- CoV-2-Pandemie, in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiterverteilt werden. Am 08. März 2020 hatte Deutschland zugesagt, sich an einer europäischen Lösung zur Aufnahme von insgesamt bis zu 1.600 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sowie kranken Kindern und ihren Eltern aus den grie-chischen Aufnahmeeinrichtungen zu beteiligen.
Der Prozess hat nun begonnen. Am 18. April 2020 reiste das erste Kontingent von 47 unbegleiteten Minderjährigen in die Bundesrepublik ein. Nordrhein-Westfalen unterstützt diese europäische Lösung ausdrücklich. Im Anschluss an eine 14-tägige Quarantänemaßnahme in Niedersachsen konnten die Kinder und Jugendlichen mittlerweile auf die Bundesländer, darunter auch Nordrhein-Westfalen, verteilt werden. Maßgebliches Kriterium hierbei war – neben der Berücksichtigung familiärer Bindungen – das Wohl der Kinder und Jugendlichen.
Diese Aufnahme ist nur der erste Schritt. Der europäische Lösungsansatz muss jetzt zügig fortgeführt werden. Das Land Nordrhein-Westfalen hat bereits mehrfach gegenüber der Bundesebene seine Bereitschaft bekundet, kranke Kinder und ihre Kernfamilie sowie unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. Diese Zusage gilt nach wie vor. Bei weiteren Aufnahmen in Nordrhein-Westfalen wird die Aufnahmebereitschaft der Kommunen bei der landesinternen Verteilung, soweit möglich, berücksichtigt.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass Deutschland in Kürze die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen wird. Es muss weiterhin das politische Ziel sein, eine verlässliche EU-weite Einigung über den Umgang mit Flüchtlingen zu erreichen. Die Landesregierung verbindet damit die Erwartung, in einem konstruktiven Zusammenwirken der verschiedenen staatlichen wie über-staatlichen Ebenen tragfähige Lösungen zu finden.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. Wehinger
Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen
Haroldstraße 4
40213 Düsseldorf
Referat 513 - Supranationales und humanitäres Ausländerrecht; Freizügigkeit